[Auszug aus der Sektion „Gesellschaft & Gemeinschaft“ von des Hochtüftlers Werkzeugkasten Ausgabe 577]:
Nachruf
Cornelium Quintyn Manadraht
Ehemals Professor für materialwissenschaftliche Thaumaturgie, Geometrie und thaumaturgische Metallurgie am technischen Institut für angewandte materielle Wissenschaften von Gnomeregan (Tüftlerstadt)
Ehemals thaumaturgischer Unteroffizier der 7. Reserve-Kompanie (Code-Name: Doppelnullen) des 3. Bataillons des Eingreif- und Eindämmungsverbandes von S.I.C.H.E.R
Jeder brillante Geist, der uns zu früh entrissen wird ist ein herber Verlust für die Gnomenheit. Uns allen sind jene Gefühle bekannt: Die Schockreaktion, die darauf folgenden Neuneinhalb Phasen der traumatischen Bewältigung nach Siegelmondo Freunikov, haben wir sie doch alle schon so oft durchlaufen, dass sie uns so vertraut erscheinen wie unser liebstes Multifunktionswerkzeug.
Und so ist es an mir, während ich die Phase der produktiv-rationalen Verarbeitung durchlaufe, meinen ehemaligen Kollegen und Konfidenten Cornelium Quintyn Manadraht in den folgenden Zeilen zu ehren.
Wenngleich Cornelium Quintyn Manadraht (im Folgenden von mir vertraulich Cornelium genannt) in den letzten Jahren insbesondere in akademischen Fachkreisen in Verruf geriet, dürfen wir nicht die wertvollen Beiträge vergessen, die er in den Bereichen der thaumaturgischen Materialwissenschaften, der Energiespeicherkapazitätsleitung und der kybernetischen Geometrie geleistet hat.
Ich habe das besondere Privileg schon seit jüngsten Jahren mit Cornelium bekannt gewesen zu sein, denn wir wurden etwa zeitgleich in Sektor 77-D der Republik (Allgemeinhin berühmt durch das Institut für kulinarische Forschung & Entwicklung und die objektiv besten Imbisse, Restaurants und Süßigkeiten, die Gnomeregan zu bieten hatte) geboren und wuchsen gemeinsam in Kinderstation 377-D, unter dem Erziehungskollektiv „Fluxfeuerkätzchen & Zuckerwatte“ auf.
Ich erinnere mich lebhaft an die vielen Stunden, die wir gemeinsam vor- und nach dem Unterricht an unseren Werkbänken verbrachten und an mechanisierten Eiscremehaltern arbeiteten oder uns gemeinsam der Lektüre widmeten. Schon früh zeichnete sich Cornelium durch unkonventionelle Lösungsansätze und besonders präzise Arbeit aus – Eigenschaften, die er sich sein Leben lang behalten sollte.
In jener pre-adoleszenten Zeit entwickelte sich auch seine Vorliebe für die arkane Magie, ausgelöst durch ein kritisches Schlüsselereignis: Wir waren etwa 10 Jahre alt, als unser extracurrikulärer Studienkurs eine Exkursion zur Magokratie von Dalaran unternahm. Es war in jener Stadt, in den Straßen, die von arkan animierten Konstrukten gepflegt wurden, als sich in Cornelium zum ersten Mal ein Verständnis und eine Begeisterung für die arkane Magie regte. Während ich die Idee von nicht-mechanischen Konstrukten für lachhaft und absurd befand, stellte Cornelium unserer Führerin so viele Fragen, dass sie ihn schließlich (entnervt) auf einen privaten Rundgang durch die unteren Ebenen der violetten Zitadelle führte.
Cornelium sprach immer mit nostalgischer Begeisterung von dieser Exkursion und bezeichnete sie als kausal dafür, dass er diesem Interesse zukünftig als Expatriate in Dalaran nachgehen wolle. Allerdings sollte sich, noch lange vorher, ein beliebtes Sprichwort aus dem militärischen Fachjargon bewahrheiten: Kein Plan überlebt den Feindkontakt.
Ihr Name war Cindra Funkenschlag.
Anders als wir lebte sie in einer engeren Familieneinheit und relokalisierte während unserer Adoleszenz in unseren Sektor und unsere Lehranstalt.
Es dauerte bloß einen Nachmittag, als Cornelium sie im Werkelkurs zum ersten Mal einen Hammer halten sah, ehe die tiefe, lebenslängliche Verbundenheit einsetzte, die wir als „Liebe“ kennen.
Jahrelang konnte ich beobachten, wie Cornelium versuchte, sie zu umwerben. Er verfasste zum Beispiel absichtlich mit subtilen Fehlern versehene Thesenpapiere um intellektuelle Stimulation herbei zu führen. Nur um sich dann auf amüsante Weise zu blamieren, als Cindra Funkenschlag Fehler entdeckte, die er NICHT beabsichtigt hatte.
Es zeigte sich rasch, dass Cornelium und Cindra Funkenschlag trotz ihrer methodischen Differenzen gut zusammenarbeiteten.
Cindra Funkenschlag war eine Visionärin, ihre Ideen bombastisch und allumfassend, eine wahre Meisterin der praktischen Applikation und eine Koryphäe in den Bereichen der Ballistik, Energiegewinnung und der pyromechanischen Improvisation. Sie hatte die Ideen und legte die Grundsätze, während Corneliums Spezialgebiet das verfeinern, raffinieren und optimieren war.
Es war für mich (und alle anderen die sie kannten) wenig verwunderlich, als die Beiden während der Abschlussfeierlichkeiten unseres Jahrgangs ihre Lebenspartnerschaft bekannt gaben. Maßgeblich waren sie an den späteren großen Erfolgen des jeweils anderen Beteiligt:
Ohne Cindra Funkenschlags Experimentierfreudigkeit wäre der Manadraht nie entstanden und ohne Corneliums akribische Recherchen hätte Cindra Funkenschlag nie den, in Fachkreisen revolutionären, „Funkenschlag“ zustande gebracht.
Während ich mich nach meinem ersten Abschluss zunehmend auf die Lokomotion spezialisierte und Cindra Funkenschlag als Feldingenieurin in den Militärdienst trat, sicherte sich Cornelium den nächsten Abschluss an der Akademie für esoterische Studien und arkane Lehren.
Es war eine produktive Zeit für uns alle. Wir waren jung und voller Tatendrang. Die Republik florierte und selbst die Belagerungen während des und spätere Beteiligung am sogenannten zweiten Krieg konnte unseren Optimismus nicht dämpfen.
Sofern möglich erinnere ich mich am liebsten an den Cornelium aus jenen Jahren zurück: Ehrgeizig, produktiv und glücklich.
Was sehne ich mich nach dieser Zeit! Ganze Nächte verbrachten wir gemeinsam, in tiefer Diskussion über die frühen Theoreme, die schließlich zum Sp.A.T.Z-Konstrukt, wohl Corneliums zweitwichtigster Erfindung, führen würden. Dazu ein schier unerschöpflicher Vorrat an Lakritz-Schnecken und elektrochemischen Stimulantien.
Cornelium und Cindra Funkenschlag begannen sich zu jener Zeit neben ihren respektiven akademischen/militärischen Karrieren und der Arbeit an Sp.A.T.Z auch, auf möglichen gemeinsamen Nachwuchs vorzubereiten, kamen jedoch meines Wissens nie zu einer tatsächlichen Empfängnis.
Unendlich hätte es so weiter gehen können, doch brach schließlich die Zeit der großen Tragödie an. Cornelium und Cindra Funkenschlag nutzten ihre immensen Fähigkeiten, wie so viele andere tapfere Gnomereganer und Gnomereganerinnen, unermüdlich zum Wohle der Gnomenheit: Sie nahmen an Gefechten gegen eindringende Trogghorden teil, halfen bei den Evakuierungsmaßnahmen der Außenbezirke und forschten, wenn sie die Zeit fanden, an Gegenmaßnahmen. Natürlich waren jegliche Bemühungen letztendlich umsonst, denn der Schachzug des Verräters machte sie alle zunichte.
Im Gegensatz zu vielen ihrer Mitgnome hatten diese Beiden das Glück, die Verheerung der Republik gemeinsam und den Umständen entsprechend relativ (von allgemeinen psychologischen Nachwirkungen und geringer Strahlung einmal abgesehen) unbeschadet zu überleben. Dennoch war die nachfolgende Zeit für sie genauso entbehrungsreich wie für die restliche Gnomenheit – vom Hochtüftler bis zu den Kindern.
An diesem Punkt ihres Lebens trafen Cornelium und Cindra Funkenschlag eine gemeinsame Entscheidung: Sie verschrieben sich von nun an ganz ihren Pflichten – und einander. Cornelium trat als Reservist ebenfalls in den Militärdienst ein. Und war sein Interesse am arkanen bis jetzt stets theoretischer Natur gewesen, gaben ihm die verschiedenen Kampagnen gegen die Kräfte der Troggs, Eistrolle und Thermadrahts geistlose Horden ein intimes Verständnis für die praktischen Applikationen seiner, manchmal als durchaus verheerend zu bezeichnenden, Zaubersprüche. Cornelium sah sich nie als ein „Kampfmagier“, laut eigener Aussage war er stets ein Wissenschaftlicher. Doch bedenken wir, wie er die letzten Jahre seines Lebens verbrachte, handelt es sich bei dieser Unterscheidung womöglich eher um Selbsttäuschung.
Und so verliefen die nächsten Jahre: Wir hatten beinahe alles verloren und doch sind wir Gnome resilienter als jedes der großen Völker, wir zeichnen uns aus, durch unsere Fähigkeit stets mit Optimismus in die Zukunft zu blicken! Und genau dies taten auch Cornelium und Cindra Funkenschlag! Von ihrem neuen Heim in der Tüftlerstadt aus, entwickelten sie alsbald eine neue, den Umständen angepasste Routine: Cornelium nahm eine Professur am neu aufgebauten technischen Institut für angewandte materielle Wissenschaften an und teilte sich seine Zeit zwischen seiner Tätigkeit am Institut, die mehrere wichtige Theorien und Erfindungen hervorbrachte und den Einsätzen als Reservist für S.I.C.H.E.R auf.
Cindra Funkenschlag hingegen wurde nun, da die Republik Gnomeregan ein vollwertiges Mitglied der Allianz war und Verpflichtungen nachzukommen hatte, auf viele Einsätze zu fernen Schlachtfeldern geführt. Sie war eine überaus begnadete Feldingenieurin, die unter anderem in den Nordend-Feldzügen und als Teil der Expedition Nordwacht in Kalimdor kämpfte.
Falls sich zwischen all diesen Verpflichtungen einige freie Minuten fanden, so verbrachten Cornelium und Cindra Funkenschlag diese Gemeinsam, arbeiteten an den fast vergessenen Projekten ihrer Jugend wie Sp.A.T.Z.
Es betrübt mich sagen zu müssen, das auch jene Zeit ein jähes und bitteres Ende fand: Cindra Funkenschlag fiel im Einsatz an südlichen Küsten und Cornelium muss sich mit einem Mal gefühlt haben wie ein haptischer Dreifachkreisel ohne zentrales Fluxgetriebe.
Der Tod seiner Lebenspartnerin, wenngleich dieser nach den Maßstäben ihrer menschlichen Kameraden „ehrenhaft“ ausfiel, veränderte Cornelium. Er zog sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurück, mied seine Kollegen und quittierte seinen Dienst bei S.I.C.H.E.R um sich beharrlich auf die Weiterentwicklung von Sp.A.T.Z zu konzentrieren.
Diese depressive Phase kulminierte schließlich in einem Skandal, der Cornelium seine Professur am Institut kostete: Ein vermeidbarer Unfall, der nur aufgrund nicht eingehaltener Sicherheitsvorkehrungen auftrat und unzumutbaren Schaden an Personal und Eigentum zur Folge hatte. Ich war förmlich schockiert, als ich davon hörte. So wie alle, die ihn kannten. Niemand konnte Cornelium je Rücksichtslosigkeit vorwerfen und dennoch trug er, wie eine Untersuchung ergab, alleinig die Schuld.
Eine Erinnerungen daran, dass selbst die brillantesten Geister niemals unfehlbar sind. Arbeits- und Mittellos wandte sich Cornelium also dem einzigen Handwerk zu, dass ihm verblieben war: Dem Söldnergewebe. Es wurde mir zugetragen, dass er sein Ende auf einem Einsatz im Königreich Sturmwind fand.
In den akademischen Kreisen in denen er sich einst bewegte, ist Cornelium Quintyn Manadraht mittlerweile größtenteils für seinen rapiden Absturz bekannt, aber er war so viel mehr als das! Ein visionärer Thaumaturg von großer Macht, ein brillanter Erfinder und eine Brücke zwischen den mechanischen und arkanen Wissenschaften, ein stolzer Bürger der Republik von Gnomeregan, ein Mann, der mehr war als die Summe seiner Bestandteile! Und so sollten wir ihm gedenken. So will ich ihm gedenken.
Mein geehrter Kollege, dein Vermächtnis wird fortbestehen: Im Manadraht, der auf ewig deinen Namen trägt. Im siebzehnten siebendimensionalen Extraktionstheorem, das du entdeckt hast. Und in der Späh- und Angriffstaktischen Technomagischen Zentraleinheit, die du geschaffen hast.
Hochachtungsvoll,
Ignatius Bolzensprung