Orodaro
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| Thema: Die Wellenheimer Siegeslieder (Öffentlich) [2014 erstellt] Mo Jun 29, 2020 12:48 pm | |
| Wellenheimer Siegeslieder
Julius von Wellenheim
Erster Teil
Für mein eisen Freund und Waffenbruder, um ihn zu beleben in dunkelster Stund, um ihm zu sein ein leitend heil'ges Ruder, und zu erheitern den schwarzen Bund.
Vom Fall des Ebers
Hoch oben im Lande Alterac, wo's kalt und karg und feindlich ist, lebte ein ganz'gar fürstlich fetter Sack, und nur damit ihrs sicher wisst, ward er genannt und wohlbekannt, als Schwein, Trüffel oder Eber, als den maßlos fettigen, so kannt' ihn jeder.
Das Fressen war ihm Eros, die dunkle Sünde der Verführung, die guttural aus seinem Halse floss, wenn er befahl zur Plünderung. Die ihm sollt beschaffen neues Vieh, neues Mahl und neuen Schmalz, für seinen immerweiten, off'nen Hals.
Wenn einer ritt geschwind, durchs Land, das ward schneebleich, da sah er Mann, Frau und unschuld'ges Kind, reglos hängend an der Eich. Gefallen durch des Schweines Brut, beraubt vom letzten Tropfen Blut, da ward er sicher raus zu rufen, nach rettend, eilend Guten!
"Hilfe! Hilfe! Er frisst das Land! Stürme schnell, du helfend Hand!"
Dieser Tage saß das Schwein, mal wieder schmausend in der Höhle, Lammkopf, Rindvieh und auch Hühnerbein, schob es schlingend in sich rein, wie's ihm kein Leibkundiger empfhöhle. So kam es schnell, wie's kommen musst, das Schwein packte sich quiekend, an Hals, Bauch, Becken und Brust.
"Ich muss deeskalieren, muss mich lösen, muss defäkieren unter lautem Tösen!"
"Defäkieren? Herr, was sagt ihr dort?"
"Scheißen muss ich, bringt mich weg von diesem Ort!"
Und als er klagt und schreit, sie trugen ihn weg mit vielen Armen, sein Wanst, so glitschig, weit und breit, zeigt sich uns Erbarmen. Nicht vom Schwein ist hier die Rede, vom Schicksal muss ich sprechen, das dem Räuber sendet, Lohn für sein Verbrechen.
"Ich bin der Bote, hört mich an! Des Feindes Donnerohr ist drauf und dran, uns zu vernichten, zu zerstören; alles hier! Eber, Herr, kommt schnell, sonst sterben wir!"
"Nein! Nein! Mir stopft und drückt mein eigen Donnerohr! Es qualmt und bläht mir wie verrückt den sauren Dunst empor!"
"Nicht doch, Herr. So scheißet schnell! Schwarze Banner sind des Übels Quell!"
"Mein Magen wills zerreißen, das irdene Fleischgewinde! Lass mich endlich scheißen, auf das ich nicht entschwinde!"
Krieg war gekommen, wie ein Sturm mit Krach und Eisenfaust, das Trüffelvolk zu brechen - Haupt um Haupt. Und blitzend war zerronnen, die Moral, der Wille und das Geschick, die Banditen flohen aus des Ebers Blick, während ihr Heil über der Schüssel hing, wohins nur irgend ging.
Der Käse quoll, sein Hinterteil wie Glut, schenkte keinem heut mehr Mut. Als endlich floss der Dung, da ward er bereit und wie befreit, aufgestanden voll Tatendrang; doch gerichtet durch des Magiers heil'gen Zauberbann.
Sergei von Jagellvoske, so war sein genannter Name, der den Eber hat geschlachtet, für die dämmersturm'sche Fahne.
Vom Sumpf
Den Sumpf zu beschreiten, die grüngraugelben feuchten Weiten, die mit Lichterlein trübe verleiten, sich ganz willentlich zu bereiten, vom sich'ren Wege abzugehen, Trugbilder im Dunst zu sehen, falsche Dinge zu verstehen, Tölpels-taten zu begehen, die gänzlich falsch sind, wie verwirrt und blind, wie gestochen Rind, wie dummes Kind, ist ein Wagnis, und der Tod.
Ich hör' noch, da kommt etwas, und teilt den Dunst, bricht den reinen Reim, wie lodernd Feuersbrunst, es brüllt, donnert, stampft, und dröhnt in gleichem Klang, wie ich als einfach Kerl bislang, als Bauersmann noch nicht gehört, von solch' füchterlicher Kriegerschar, die mit einhundert Schritten, undenkbar, auf freyrische Art, die Nebelwand zerstört, die keiner wird beklagen, keiner mehr bemurrn, danke, oh du Dämmersturm!
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